Deutschland hat sich in Jahrhunderten von einem
Bauernstaat zu einer der größten Industriemächte
der Welt entwickelt. Auch was Neuentwicklungen auf
dem Computersektor angeht, nehmen bundesdeutsche
Firmen, wie zum Beispiel Siemens, eine dominierende
Stellung ein.
Eigentlich sollte man meinen, daß ein derartiger
Innovationsschub, der sich in relativ kurzer Zeit
vollzogen hat ( die Computertechnik ist erst einige
Jahrzehnte alt, geschichtlich gesehen eine extrem
kurze Zeitspanne), auch liberales Denken mit sich
bringen müßte.
Im Gegensatz zu anderen Ländern beharren wir
Deutschen aber immer noch auf unserem traditionellen
arbeitsfreien Sonntag, lehnen uns gegen flexiblere
Ladenschlußzeiten auf.
Ist der Deutsche hysterisch?
Diese Frage hört man immer wieder in anderen Ländern, wo man nicht verstehen kann, daß eine technisch so
fortschrittliche Nation wie die Bundesrepublik ein
derartiges ' Theater' wegen der Einführung eines
Dienstleistungsabends veranstaltet.
Die vorläufige Genehmigung der Sonntagsproduktion beim Chip-Hersteller IBM ist sicherlich ein richtiger
Schritt in die richtige Richtung.
Alle beklagen zu hohe Steuern und die gestiegene
Arbeitslosigkeit, aber die wenigsten erkennen, daß
die Starrsinnigkeit der Deutschen ein Grund dafür
ist. Schließlich läßt sich nicht wegdiskutieren, daß
z. B. eine 6- tägige Chip-Produktion wesentlich
kostenintensiver ist, als die Chip-Produktion
rundum- die-Uhr, und daß es deshalb viele Firmen
vorziehen, im Ausland zu produzieren, wo sie nicht
von derartigen Beschränkungen behindert werden.
Dadurch entgehen dem deutschen Staat nicht nur
erhebliche Steuereinnahmen, sondern auch die
Schaffung neuer Arbeitsplätze. Gerade die Herren der
Gewerkschaften sollten sich deshalb nicht wie der
Vormund der Nation aufspielen, sondern ihre
Einstellung noch einmal überdenken.
Schließlich stammt unser Reichtum daher, daß wir bis
jetzt immer wettbewerbsfähig waren. Wie lange noch?
Christian Geltenpoth Chefredakteur